Gesetz für faire Verbraucherverträge – Weg frei für mehr Verbraucherschutz

Kein Abtretungsausschluss in AGB für Geldansprüche

Viele Verbraucher verzichten mit Blick auf unverhältnismäßig hohe Prozesskosten häufig auf eine Geltendmachung kleinerer Geldforderungen (z.B. gegen Fluggesellschaften aufgrund von Verspätungen). Legal-Tech-Unternehmen wie Flightright haben daraus ein Geschäftsmodell entwickelt, indem Sie sich die Ansprüche von den Verbrauchern abtreten lassen und diese notfalls selbst einklagen.

Dem Versuch einiger Unternehmen, diese Praxis durch einen vertraglichen Abtretungsausschluss in ihren AGB zu unterbinden, wird durch das neue Gesetz ein Riegel vorgeschoben.

Klauseln in AGB, mit denen das Recht zur Abtretung von auf Geld gerichteten Ansprüchen des Verbrauchers ausgeschlossen werden, sind zukünftig unwirksam. Zudem können Unternehmen auch die Abtretung anderer Rechte und Ansprüche der Verbraucher gegen sie zukünftig nicht mehr untersagen, wenn sie daran als Verwender der AGB kein schützenswertes Interesse haben oder aber die schützenswerten Interessen des Verbrauchers überwiegen (§ 308 Nr. 9 BGB n. F.).

Beschränkung automatischer Vertragsverlängerungen / Verkürzung Kündigungsfrist

Bislang konnte in AGB mit Verbrauchern vertraglich festgelegt werden, dass sich Verträge über die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werklieferungen (z.B. Telefonverträge) nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit automatisch um ein weiteres Jahr verlängern.

Mit Änderung des § 309 Nr. 9b BGB n.F. wird eine stillschweigende Vertragsverlängerung in dieser Form nicht mehr zulässig sein. Wirksam ist zukünftig lediglich eine Verlängerung des Vertragsverhältnisses auf unbestimmte Zeit bei gleichzeitiger Einräumung des Rechts mit einer Frist von höchstens einem Monat zu kündigen.

Zudem wird die AGB-rechtlich zulässige Kündigungsfrist des Verbrauchers vor Ablauf der zunächst vorgesehenen Vertragsdauer (Mindestvertragslaufzeit) auf einen Monat, statt wie bisher auf drei Monate, verkürzt (§ 309 Nr. 9b BGB n.F.).

Einführung des „Kündigungsbuttons“

Ähnlich wie bei dem im E-Commerce seit Jahren etablierten Bestellbutton (z.B. „Kaufen“, „Zahlungspflichtig bestellen“) werden Unternehmen unter gewissen Voraussetzungen zukünftig auch einen Kündigungsbutton bereithalten müssen.

Um die Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Rechtsverkehr weiter zu erleichtern, muss Verbrauchern zukünftig ermöglicht werden, ihre Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags über eine Kündigungsschaltfläche abzugeben. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit einer eindeutigen Formulierung beschriftet sein, wie z. B. den Wörtern „Verträge hier kündigen“. Sie muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen (§ 312k BGB n.F.).

Dokumentation von Einwilligungen zur Telefonwerbung

Wer mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt, hat nach neuer Rechtslage dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren und für 5 Jahre aufzubewahren (§ 7a Abs. 1 und 2 UWG n.F.). Unternehmen, welche gegen diese Dokumentationspflicht verstoßen, droht ein Bußgeld.

Inkrafttreten

Das Gesetz wurde bislang noch nicht im Bundesgesetzblatt verkündet. Die Änderungen in den §§ 308 und 309 BGB werden nach einer siebenmonatigen Übergangsfrist nach Verkündung in Kraft treten. Die Verpflichtung zur Bereithaltung eines Kündigungsbuttons gilt ab dem 01.07.2021. Im Übrigen treten die Änderungen im Quartal nach der Verkündung in Kraft, voraussichtlich zum 01.10.2021.

Fazit

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge wird seinem Namen gerecht und wird zumindest teilweise den Verbraucherschutz erhöhen. Insbesondere das Thema „Abo-Fallen“ dürfte mit den neuen Regelungen entschärft werden.

Die Bundestagsfraktionen der FDP und Grünen hatten noch weitere Ergänzungen gefordert, welche letztlich nicht aufgenommen wurden (u. a. „Einführung von Durchschnittspreisangaben bei Langzeitverträgen mit Verbrauchern“, „Einführung einer Vorabwiderrufsbelehrung“, „Bestätigungslösung für alle telefonisch angebahnten Verträge“).

Auf Unternehmen kommt auch ohne diese Ergänzungen genug Arbeit zu. So sind mit Blick auf die Änderungen der §§ 308, 309 BGB die Rechtstexte zu überarbeiten, mit Blick auf die verschärften Vorgaben zu Vertragslaufzeiten Prozesse anzupassen und schließlich technische Lösungen erforderlich, um einen Kündigungsbutton einzubinden.

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Über Johannes Brinkmann, Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Johannes Brinkmann war in der Kanzlei vom 01.09.2019 bis zum 31.05.2022 insbesondere in den Bereichen Datenschutzrecht und IT-Vertragsrecht tätig.

Über Madeleine Maschke

Madeleine Maschke war vom 01.09.2018 bis 28.02.2022 als studentische Mitarbeiterin bei TRÖBER@ angestellt und unterstützte in den Bereichen Datenschutzrecht und IT-Vertragsgestaltung