BGH: Erleichterung für Online-Händler bei Google Adwords-Werbung für gebrauchte Markenprodukte

Werden rechtlich geschützter Marken ohne Zustimmung des Markeninhabers verwendet, kann das im Online-Handel fatale Folgen haben. Markeninhaber können den Verwender abmahnen und unter anderem die in Markensachen hohen Rechtsanwaltskosten von diesem ersetzt verlangen. Auch die Plattformbetreiber wie eBay, Amazon & Co können ab Kenntnis der Markenverletzung als sogenannte Content-Provider Prüfpflichten treffen. Mit seiner aktuellen Entscheidung hat der BGH den Spieß zugunsten der Online-Händler, die mit gebrauchten Markenprodukten handeln, umgedreht:

Die schweizerische Firma Rolex ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke „Rolex“. Ein Online-Händler handelt mit gebrauchten Uhren, unter anderem mit Rolex-Uhren. Dessen Begehren, Google-Adwords-Anzeigen wie „Ankauf: Rolex Armbanduhren, Ankauf: einfach, schnell, kompetent, Ankauf: Rolex-Uhr dringend gesucht“ zu schalten, lehnte Google wegen einer eingereichten Markenbeschwerde von Rolex ab. Dieses Verfahren wird Markenrechtsinhabern von Google eingeräumt, wenn Markenrechtsverletzungen in Betracht kommen, siehe: (https://support.google.com/adwordspolicy/answer/6118?hl=de )

Nunmehr verlangte der Online-Händler von Rolex die Zustimmung zur Adwords-Werbung, die Rolex nicht erteilte bzw. ablehnte. Die Klage des Händlers auf Zustimmung hatte in den Vorinstanzen Erfolg und wurde auch vom BGH (Urteil vom 12. März 2015 – I ZR 188/13) bestätigt. Die Zustimmung zu verweigern bedeutetnach Auffassung des BGH eine unlautere Behinderung des Wettbewerbs gem. § 4 Nr. 10 UWG:

„Ist die beabsichtigte Werbung der Klägerin markenrechtlich zulässig, so ist die Verweigerung der Zustimmung durch die Beklagte bei objektiver Betrachtung unmittelbar auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Klägerin gerichtet und nicht in erster Linie auf die Förderung eigenen Wettbewerbs (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2008I ZR 190/05, GRUR 2008, 917 Rn. 23 = WRP 2008, 1319 EROS).

Die Klägerin kann in diesem Fall ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen, weil sie die von ihr beabsichtigte Adwords-Werbung nur mit Zustimmung der Beklagten durchführen kann. Zwar könnte sie weiterhin uneingeschränkt allgemein für den Ankauf gebrauchter Luxusuhren werben. Sie ist aber daran gehindert, gezielt über eine Adwords-Werbung bei Google für den Ankauf gebrauchter Uhren der Beklagten zu werben, die sie für die Vollständigkeit ihres Sortiments benötigt und an deren Ankauf sie ein besonderes kaufmännisches Interesse hat.

Dabei steht dem erheblichen Interesse der Klägerin an der Durchführung einer markenrechtlich zulässigen Adwords-Werbung kein anerkennenswertes Interesse der Beklagten an deren Unterbindung gegenüber. Ein Interesse, zulässiges Wettbewerbshandeln von Mitbewerbern zu verhindern, kann im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das nach § 1 Satz 2 UWG im Interesse der Allgemeinheit auf den Schutz des unverfälschten Wettbewerbs gerichtet ist, von vornherein nicht anerkannt werden. Zum Schutz ihrer Markenrechte kann die Beklagte das allgemeine Markenbeschwerdeverfahren bei Google nutzen. Macht sie davon Gebrauch, ist ihr zuzumuten, die Zustimmung zu Adwords-Anzeigen zu erteilen, die markenrechtlich zulässig sind und deren Platzierung sie durch ihre Markenbeschwerde verhindert.“

(BGH, a.a.O.)

Hintergrund ist der markenrechtliche Erschöpfungsgrundsatz, wonach der Markeninhaber bei Markenwaren, die er bereits im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht hat, den wirtschaftlichen Wert der Ware bereits realisiert hat. Was dann mit der gebrauchten Ware passiert, unterliegt nicht mehr ihrer Kontrolle des Markeninhabers (§ 24 Abs. 1 MarkenG). Der BGH:

„Der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke kann einem Dritten nicht verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind (Art. 13 Abs. 1 GMV i.V.m. Art. 65 Abs. 2, Protokoll 28 und Anhang XVII Nr. 4 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum). Die von der in Deutschland ansässigen Klägerin beabsichtigte Anzeige in deutscher Sprache bezieht sich auf Waren, bei denen die Voraussetzungen der Erschöpfung vorliegen. Sie richtet sich auf den Ankauf von Originalware der Beklagten, die durch deren Vertriebsorganisation im Europäischen Wirtschaftsraum und insbesondere in Deutschland in Verkehr gebracht worden ist. Daran ändert die bloße Möglichkeit nichts, dass von der Klägerin auch Uhren angeboten werden könnten, die von der Beklagten oder ihren Händlern außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums etwa in der Schweiz in Verkehr gebracht worden sind. Solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Werbung tatsächlich zu einem Ankauf derartiger Ware führen wird, kann die Beklagte die Anzeige der Klägerin im Hinblick auf Art. 13 Abs. 1 GMV nicht gestützt auf ihr Markenrecht verbieten.“

(BGH a.a.O.)

Der Online-Händler kann also aus § 8 Abs. 1 UWG (der vorliegend auf Zustimmung zur Adwords-Werbung gerichtet war) verlangen, dass die wettbewerbsrechtliche Behinderung beseitigt wird. Der wettbewerbsrechtliche Beseitigungsanspruch gewähre nämlich auch die Aufhebung eines rechtswidrigen (markenrechtlichen) Verbots.

Anmerkung:

Die Entscheidung rundet den Markenschutz bei Werbung im Internet ab. Während zuvor vielfach Entscheidungen zugunsten der Markeninhaber eine Werbung mit der geschützten Marke ohne Zustimmung untersagt und unter besonderen Voraussetzungen Prüfpflichten auferlegt wurden, schafft der BGH nunmehr einen Ausgleich zugunsten der Verwender geschützter Marken beim Online-Handel mit Gebrauchtwaren. Der Markeninhaber muss nunmehr in jedem Einzelfall prüfen, ob eine Zustimmung zu erteilen ist oder sie verweigert werden darf, weil etwa die Gefahr einer rechtswidrigen Markenverwendung besteht. Das System des Markenschutzes im Internet wird austariert. Im Übrigen bejahte der BGH auch die Zuständigkeit deutscher Gerichte nach dem Luganer Abkommen, wonach die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist” sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs bezeichne. Realisiert sich der Erfolg einer unerlaubten (Internet-) Handlung in Deutschland, sind daher auch deutsche Gerichte zuständig.

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