Google haftet für Links auf persönlichkeitsrechtsverletzende Seiten im Netz

Dies haben aktuell gleich zwei Landgerichte (LG Hamburg, Urt. v. 07.11.2014 - 324 O 660/12 -, juris, sowie LG Heidelberg, Urteil vom 09. Dezember 2014 – 2 O 162/13 –, juris) unabhängig voneinander entschieden. In beiden Fällen nahmen die Kläger den Betreiber der Suchmaschine mit Erfolg auf Unterlassung der Verlinkung in der Ergebnisseite der Suchmaschine in Anspruch, soweit bei Eingabe ihres Namens Seiten mit persönlichkeitsverletzendem Inhalt angezeigt wurden.

Störereigenschaft des Suchmaschinenbetreiber

Neben der im Einzelfalls jeweils zu bewertenden Frage, ob der verlinkte Inhalt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Kläger darstellt oder etwa nur eine hinzunehmende Meinungsäußerung stand im Zentrum der Entscheidung die Frage, ob der Suchmaschinenbetreiber verantwortlicher Störer im Sinne des § 1004 BGB ist, weil er es unterlassen hat, den Link auf den persönlichkeitsrechtsverletzenden Inhalt dauerhaft zu entfernen.
Das LG Heidelberg hierzu:

Die Verantwortlichkeit der Beklagten ist im Streitfall im Ergebnis nicht anders zu beurteilen als im Fall der von der Suchmaschine der Beklagten bei Eingabe eines Suchbegriffs angezeigten ergänzenden Suchvorschläge (vgl. BGHZ 197, 213). Die Anzeige einer Ergebnisliste, mit der Informationen und Links in einer bestimmten Reihenfolge zur Verfügung gestellt werden, wird wie die Anzeige von ergänzenden Suchvorschlägen von der Suchmaschine der Beklagten gesteuert. Die Suchmaschine wurde von der Beklagten entwickelt und dahin programmiert, bei Eingabe von Suchbegriffen Suchergebnisse nach bestimmten Kriterien zu sortieren und in einer bestimmten Reihenfolge anzuzeigen. Für die Ergebnisliste und die angezeigte Reihenfolge ist die Beklagte daher aufgrund der ihr zuzurechnenden Programmierung verantwortlich.
(LG Heidelberg, Urteil vom 09. Dezember 2014 – 2 O 162/13 –, juris Rn. 45)

Eingeschränkte Störerhaftung des Suchmaschinenbetreibers

Das LG Hamburg stellt in seiner Entscheidung heraus, dass die Störerhaftung zwar verschuldensunabhängig, wegen der ursprünglich jedoch nicht selbst vorgenommenen rechtswidrigen Beeinträchtigung nur bei Verletzung einer zumutbaren Verhaltenspflicht in Betracht komme:

Die Haftung eines Störers besteht jedoch nicht uneingeschränkt, sondern setzt, um nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt zu werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zumutbar ist (BGH Urteil v. 25.10.2011, aaO., Juris Abs. 22). In seiner Entscheidung vom 14.05.2013 hat der Bundesgerichtshof in Bezug auf die von der Beklagten angebotene Autocompletefunktion ausgeführt (VI ZR 269/12 , Juris Abs. 30): „Der Betreiber einer Suchmaschine ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, die durch eine Software generierten Suchergänzungsvorschläge generell vorab auf etwaige Rechtsverletzungen zu überprüfen. Dies würde den Betrieb einer Suchmaschine mit einer der schnellen Recherche der Nutzer dienenden Suchergänzungsfunktion wenn nicht gar unmöglich machen, so doch unzumutbar erschweren. Eine entsprechende präventive Filterfunktion kann zwar für bestimmte Bereiche, wie etwa Kinderpornographie, erforderlich und realisierbar sein, sie vermag jedoch nicht allen denkbaren Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung vorzubeugen. Den Betreiber einer Internet-Suchmaschine trifft deshalb grundsätzlich erst dann eine Prüfungspflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber einer Internet-Suchmaschine auf eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, ist der Betreiber der Suchmaschine verpflichtet, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. Senatsurteil vom 27. März 2012 - VI ZR 144/11, VersR 2012, 992 Rn. 19).
(LG Hamburg, Urteil vom 07. November 2014 – 324 O 660/12 –, juris)

Keine Haftungsbeschränkung nach TMG

Nach dem Telemediengesetz kann einem Provider unter Umständen eine Haftungsbeschränkung gemäß § 10 TMG zugutekommen. Nach allgemeiner Meinung gelten diese Haftungsbeschränkungen jedoch nicht für Unterlassungsansprüche. (LG Heidelberg, a.a.O.–, juris Rn. 47, LG Hamburg, a.a.O., Rn. 99)

Anmerkung:

Nicht immer ist es so einfach, wie in einem kürzlich in unserer Kanzlei aufgetretenemn Fall, bei dem der Urheber eines ehrverletzenden Beitrags unmittelbar in Anspruch genommen werden konnte. Denn anders als in diesem Fall sind die Urheber oftmals nicht greifbar. Sie posten anonym auf Blog-Seiten, welche aus dem Ausland ohne (verlässliches) Impressum oder zum Teil gänzlich anonym betrieben werden. Den Opfern von Persönlichkeitsrechtsverletzungen bleibt dann häufig nur der Anspruch gegen die Suchmaschinenbetreiber. Der BGH hatte hier mit seiner Autocomplete-Entscheidung den Weg für einen effektiven Schutz bereitet. Die Instanzgerichte greifen die Entscheidung auf. Dem Internetnutzer stehen damit effektive Rechtsschutzmöglichkeiten zum Schutz seines Persönlichkeitsrechts zur Verfügung.

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