Abzocke beim Internet-Branchenbucheintrag www.branche100.eu

Ein Online-Branchenbucheintrag für 910 € pro Jahr ist wertlos und damit Wucher, wenn bereits das Branchenbuch bei Suchmaschinen wie Google auf den ersten fünf Suchtrefferseiten nicht zu finden ist. So hat das Landgericht Wuppertal in einem aktuellen Fall so entschieden. Der Unternehmer war von dem Online-Branchenbuch-Dienstleister angeschrieben worden, der ein entsprechendes Angebot unterbreitet hatte. Das Angebot war so gestaltet, dass die hohen laufenden Kosten nicht sofort ersichtlich waren.

Objektives Wuchergeschäft

Nach Auffassung des Gerichts ist ein solcher Vertrag als sittenwidriges Wuchergeschäft nach § 138 BGB nichtig. Ein Anspruch auf Vergütung besteht in diesen Fällen wegen auffälligem Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht:

Ein solches erfordert nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl ein objektiv auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung als auch das Zutagetreten einer verwerflichen Gesinnung des Begünstigten (BGH, NJW 2003, 2230, m.w.N.). Ein objektiv auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung liegt vor. Der Leistung der Beklagten in Form einer jährlichen Zahlung von 910,00 € netto steht als Gegenleistung ihr Eintrag in das Internet-Branchenverzeichnis "www.Branche100.eu" gegenüber. Letztere Gegenleistung ist jedoch quasi wertlos.“ (LG Wuppertal, Beschl.v. 05.06.14, Az.: 9 S 40/14)

Subjektives Wuchergeschäft

Das Gericht ging zudem von einer Ausnutzung der Schwächesituation (subjektive Voraussetzung) des Unternehmers aus, was im B2B-Bereich eher ungewöhnlich ist, da man hier in aller regel davon ausgeht, dass ein Kaufmann in der Lage ist, ein Wuchergeschäft zu erkennen:

Auch die subjektiven Voraussetzungen eines wucherähnlichen Geschäfts sind gegeben. Zwar begründet die Vollkaufmann-Eigenschaft des Benachteiligten in aller Regel die widerlegliche Vermutung, dass der Begünstigte nicht in verwerflicher Weise eine persönliche oder geschäftliche Unterlegenheit des Benachteiligten ausgenutzt hat (BGH, aaO). Die verwerfliche Gesinnung der Klägerin folgt hier jedoch eindeutig aus der Verwendung des "Brancheneintragungsantrages" vom 11.05.2009 als ihr Angebot. Dieses ist ersichtlich darauf angelegt, den Empfänger über den wahren Gegenstand dieses Schreibens und die mit der Rücksendung verbundenen Rechtsfolgen im Unklaren zu lassen.“ (LG Wuppertal, a.a.O.)

Anmerkung:

Die Branchenbuch-Onlinedienste gehören wohl zu den lästigsten Unternehmen, die das Internet hervorgebracht hat. In schöner Regelmäßigkeit erhalten vorzugsweise Freiberufler und kleinere Unternehmen per Telefax ein Angebot für einen entsprechenden Eintrag in ein solches Verzeichnis mit dem versprechen, schon in kürzester Zeit (noch) reicher zu werden. Tatsächlich ist der Nutzen der meisten Dienste dieser Art kaum etwas, oder vie in dem vom LG Wuppertal entschiedenen Fall, nichts wert.Das Landgericht Wuppertal hat mit seiner Entscheidung aufgezeigt, dass auch ein Unternehmer durchaus Chancen hat, sich von einem solchen Vertrag zu lösen und gegebenenfalls gezahlte Beiträge wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückzufordern. Begrüßenswert!

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