Abtauchen ist zumeist die schlechte Alternative

Mondpreiswerbung, Bilderklau im Internet, Teilnahme an Tauschbörsen oder andere Rechtsverletzungen - Wettbewerber bzw. Rechteinhaber verfolgen ihre Ansprüche vor allem in Deutschland durch Abmahnungen. Dabei handelt es sich um die außergerichtliche Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs, mit dem die Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verlangt wird. Das Internet hat zu einer signifikanten Erhöhung von Rechtsverstößen, die ubiquitäre Abrufbarkeit derselben zu einem entsprechend hohen Entdeckungs-, und damit Abmahnrisiko geführt. Ist die Abmahnung berechtigt – auf ein Verschulden kommt es grundsätzlich nicht an – so ist dies äußerst ärgerlich. Denn mit der Abmahnung sind zumeist noch Folgeansprüche wie Auskunfts- und Schadensersatzansprüche, vor allem aber die Verpflichtung zur Zahlung der Rechtsanwaltskosten (Abmahnkosten) verbunden.

Die Abmahnung zu ignorieren kann jedoch fatale Folgen haben. Denn lässt sich der Rechtsstreit durch die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht außergerichtlich abschließend klären, wird der Abmahnende seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen, wegen der Eilbedürftigkeit zumeist schon innerhalb weniger Wochen durch Erwirkung einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung. Sie wird in der Regel vom Gericht ohne Gerichtstermin erlassen und auf Betreiben des Antragstellers durch den Gerichtsvollzieher zugestellt. Die Kosten sind vom Verletzer, dem Gegner der Abmahnung zu tragen. Ohne angemessene Reaktion ist der Rechtsstreit selbst dann nicht zu Ende, wenn der Verletzer weitere Rechtsverletzungen nicht mehr begeht. Denn die einstweilige Verfügung ist – wie der Name schon sagt – lediglich eine einstweilige, mithin nur vorläufige Regelung. Der Berechtigte wird regelmäßig zu einer sogenannten Abschlusserklärung binnen einer kurzen Frist auffordern, mit der die einstweilige Verfügung als abschließend anerkannt wird (sogenanntes „Abschlussschreiben“). Ein anerkanntes Rechtsinstitut, welches gesetzlich nicht geregelt ist. Auch die Kosten für das Abschlussschreiben sind nach der Rechtsprechung vom Verletzer zu tragen. Bleibt auch diese Aufforderung fruchtlos, wird der Berechtigte seine Ansprüche, jetzt auch seine Auskunfts- und Schadensersatzansprüche, im eigentlichen Klageverfahren durchsetzen, ebenfalls mit entsprechender Kostenfolge für den Verletzer. So geschehen in einem Wettbewerbsprozess, der kürzlich vor dem Landgericht Ingolstadt (Az. 1 HK O 1915/13) verhandelt wurde. Ein Unternehmen war wegen eines empfindlichen Verstoßes gegen das Elektrogesetz und das Gesetz zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb (UWG) zu Recht vom Mitbewerber abgemahnt worden. Auf die Abmahnung, die einstweilige Verfügung und die Aufforderung zur Abschlusserklärung reagierte das anwaltlich vertretene Unternehmen nicht. In dem zwangsläufig folgenden Klageverfahren unterlag das anwaltlich vertretene Unternehmen vollumfänglich hinsichtlich aller geltend gemachten Ansprüche. Kostenmäßig ein Super-Gau, wie die nachfolgende Beispielsrechnung bei dem dortigen Streitwert von 15.000 € zeigt:

Beispielrechnung:

RA-Kosten „ Abmahnung“
1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG: 845,00 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG: 20,00 €

Summe: 865,00 €

Verfahrenskosten einstweilige Verfügung
1,3 Verfahrensgebühr Rechtsanwalt: 845,00 €

Auslagenpauschale: 20,00 €Summe (netto): 865,00 €
1,5 Gebühren Gerichtskosten gem. § 3 GKG: 439,50 €Summe: 1.304,50 €

RA-Kosten „Aufforderung zur Abschlusserklärung“
1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG: 845,00 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG: 20,00 €
Summe (netto): 865,00 €

Klageverfahren
(Gesamtstreitwert 19.500 €, erhöht wegen Auskunfts- und Schadensersatzanspruch)
2,5 Verfahrens- u. Termingeb. RA gem. § 13 RVG: .1.855,00 €
2,5 Verfahrens- u. Termingeb. eigener RA gem. § 13 RVG: 1.855,00 €
Auslagen: 40,00 €
Summe (netto): 3.750,00 €
3,0 Gebühren Gerichtskosten gem. § 3 GKG: 1.035,00 €
Summe: 4.785,00 €

Gesamtbetrag (netto) 7.819,00 €

Hinzu kommen noch Kosten der eigenen Rechtsanwälte, soweit diese außerhalb des Klageverfahrens bereits beauftragt waren, sowie ggf. Fahrt- und Reisekosten, Abwesenheitsgeld, Kosten für die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher, Kurierfahrten etc.. Private haben noch die Mehrwertsteuer hinzuzurechnen. Der Streitwert von 15.000,00 € ist in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten übrigens eher an der unteren Grenze anzusiedeln.

Alles in Allem waren von dem Unternehmen etwa 10.000,00 € allein an Rechtsanwalts- und Gerichtskosten zu tragen. Ein teurer Spaß, der hätte vermieden werden können.

Die richtige Reaktion auf eine Abmahnung ist natürlich vom Einzelfall abhängig. Ist die Abmahnung nach rechtlicher Prüfung jedoch berechtigt, so kann mit der Abgabe der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung häufig schon die größte Luft aus dem Rechtsstreit genommen werden. Weitere Kosten für das Verfügungsverfahren, die Abschlusserklärung und das Klageverfahren (den Unterlassungsanspruch betreffend) fallen dann nicht mehr an. Aber Vorsicht: Nicht jede unterbreitete Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sollte einfach so unterschrieben werden. Häufig gehen sie zu weit oder sehen unverhältnismäßig hohe Vertragsstrafen vor, von denen im Wiederholungsfall nur schwer (§§ 339 S. 2, 343 BGB) wieder herunter zu kommen ist.

Ist es doch zu einer einstweiligen Verfügung gekommen und soll diese akzeptiert werden, so sollte zur Vermeidung weiterer Kosten unverzüglich und ohne Aufforderung die Abschlusserklärung abgegeben werden. Denn durch die Abschlusserklärung entfällt der vorläufige Charakter der einstweiligen Verfügung, so dass es einer Hauptsacheklage nicht mehr bedarf. Außerdem werden so die Kosten für ein Abschlussschreiben vermieden. Aber auch bei der Abschlusserklärung ist Vorsicht geboten. Um wirksam zu sein, muss diese nach herrschender Meinung schriftlich abgegeben werden einen inhaltlich bedingungslosen Verzicht auf die Rechte nach Erlass einer einstweiligen Verfügung enthalten.