OLG Köln zur Rechtsnatur eines Online-Marketing-Vertrages

Marketing verlagert sich mehr und mehr ins Internet. Für Unternehmen ist es wichtig, dass das eigene Leistungsangebot attraktiv präsentiert und vor allem auch von Suchmaschinen leicht und an vorderer Stelle gefunden wird. Diese Suchmaschinenoptimierung für Webseiten (sog. SEO-Marketing) wird von unzähligen Dienstleistern gegen Entgelt angeboten. Der verständliche Wunsch des Kunden, dass die eigene Webseite durch eingekaufte Online-Marketing-Dienste quasi über Nacht berühmt wird, wird nur allzu häufig enttäuscht. Für Kunden wie für Anbieter ist die rechtliche Einordnung des Online-Marketing-Vertrages, Dienstvertrag oder Werkvertrag, von erheblicher Bedeutung, Denn das Dienstvertragsrecht sieht anders als das Kauf- und Werkvertragsrecht keine Gewährleistungsrechte des Dienstberechtigten vor. Während bei einem Werkvertrag – für den Kunden günstig – die Nachbesserung z.B. im Falle eines schlechten Rankings verlangt werden kann, ggf. sogar die Möglichkeit zum Rücktritt vom Vertrag besteht mit der Folge, dass die geleistete Vergütung zurück verlangt werden kann, muss der Anbieter bei Vorliegen eines Dienstvertrages für die schlechte Leistung in der Regel nicht einstehen.

Mit diesem Fall hatte sich auch das OLG Köln zu beschäftigen. Der Kunde hatte mit dem Anbieter einen Online-Marketing-Flatrate-Vertrag gegen Zahlung einer hohen Monatspauschalvergütung geschlossen, in dem diverse Leistungen, so die Suchmaschinenoptimierung, Adword- und Affiliate-Marketing sowie ein Webcontrolling (eine Analyse des Nutzerverhaltens bei Besuchen der Webseite mit dem Ziel einer Verbesserung des Angebots und der Suchmaschinenoptimierung) vereinbart waren. Das Gericht kam im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass der Vertrag in seiner Gesamtheit einheitlich als Dienstvertrag einzuordnen sei und zwar mit der Folge, dass die vereinbarte Vergütung auch bei nicht zufriedenstellendem Ranking gezahlt werden musste:

„Der Vertrag ist im Hinblick auf seine Eigenart als besonderer Marketingvertrag vielmehr einheitlich dem Dienstvertragsrecht zu unterstellen, da die Verpflichtung der Klägerin zur Beratung und Umsetzung von Marketingmaßnahmen der Schwerpunkt des Vertrages ist. Demnach liegt der geschuldete Erfolg insbesondere nicht in einem verbesserten Ranking des Webshops bei Suchanfragen über H, zumal die Klägerin einen solchen Erfolg bei verständiger Würdigung und auch nach der objektivierten Kundenerwartung der Beklagten nicht hat versprechen können.“ (OLG Köln, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 19 U 149/13 –, juris).

Anmerkung:

Nur wenn im Online-Marketing-Vertrag ein konkret greifbarer Erfolg vereinbart ist, ist dieser Vertrag als Werkvertrag einzustufen. Nur dann kann bei Misserfolg die Nachbesserung verlangt und die Vergütung zunächst verweigert, bei endgültigem Scheitern zurückverlangt werden. Das hat das OLG in dem konkreten Fall nicht so gesehen, obwohl einzelne Erfolgselemente Bestandteil der vertraglichen Vereinbarung waren. Nach der ständigen Rechtsprechung kommt es bei gemischten Verträgen auf den Schwerpunkt an, der vorliegend in der Dienstleistung in Form von Beratung zu sehen war. Denn einen greifbaren Erfolg, wie etwa einen bestimmten Platz beim Ranking (z.B. „unter den ersten zehn Suchergebnissen“) hatten die Parteien nicht vereinbart. Allgemeine Versprechen wie „Suchmaschinenoptimierung: Verbesserung des Rankings bei Google & Co, Generierung von mehr qualifiziertem Traffic auf der Webseite“ reichen nicht, um einen Werkvertrag mit den für Kunden günstigen Konsequenzen anzunehmen. Kunden, die die Vergütung von der Leistung des Anbieters abhängig machen wollen, sind daher gut beraten, einen messbaren Erfolg zu vereinbaren. Beispiele hierfür sind Pay-per-Click und Pay-per-View-Modelle. Für das Ranking in der Ergebnisliste von Suchmaschinen dürfte eine Erfolgsvereinbarung jedoch kaum durchsetzbar sein. Denn angesichts ständiger Änderung und Weiterentwicklung der von Suchmaschinenbetreibern geheim gehaltenen Algorithmen wird diesen Erfolg kaum ein Anbieter versprechen wollen.

Eine spezifizierte und ausgewogene Lösung kann in vielen Fällen die Vereinbarung von Service-Levels (Service-Level-Agreements, SLA) darstellen. So können neben einer Grundpauschale für die allgemeine Marketing-Betreuung der Internetpräsenz konkrete Ziele wie die monatliche Anzahl der Seitenaufrufe, Durchschnittsdauer der Sitzung, Neue Sitzungen in Prozent, Absprungrate oder gar „PageRank“ (ein von der Internet-Suchmaschine Google eingeführtes Verfahren zur Bewertung der Beziehung einzelner Webseiten zueinander) vereinbart werden. Diese können von modernen Web-Analyse-Tools (z.B. Google-Analytics) leicht gemessen werden. Mit einem austarierten, vertraglich vereinbarten Bonus-Malus-System kann dann ein Überschreiten der vereinbarten Kennzahlen honoriert, ein Unterschreiten mit einem prozentualen oder gestaffelten Abstrich von der Vergütung bestraft werden. Dieses System von SLAs trägt vielfach zur besonderen Motivation des Anbieters von Online-Marketing-Diensten bei, da jedes bessere Ergebnis zu einer höheren Vergütung führt. Für den Kunden führt die so motivierte Online-Marketing-Leistung zu einer wahren Optimierung seines Webauftritts. Eine Win-win-Situation.