Aktuelle Entwicklung im eCommerce (Juni 2016 - August 2016)

1. Erhöhte Abmahngefahr für Händler auf Amazon

Es besteht aktuell gleich in mehrfacher Hinsicht eine erhöhte Abmahngefahr für Händler auf der Handelsplattform Amazon. Die Brisanz liegt dabei inbesondere in dem Umstand, dass Amazon-Händler möglicherweise für Verstöße von Amazon und sogar für Verstöße Ihrer Konkurrenten haften.

Abmahngefahr bei falschen Lieferzeitangaben

Ein seit mehreren Wochen bestehendes Problem unbestimmter Lieferzeitangaben wurde mittlerweile weitgehend nachgebessert. Im Einzelfall tauchen allerdings immer noch Lieferzeitangaben wie „Voraussichtliche Versanddauer“ oder „Lieferung voraussichtlich“ in der Darstellung der Versandkosten, den Verkäuferinformationen und/oder in der Versandkostentabelle auf. Aufgrund der Unbestimmtheit dieser Angaben wurden bereits Abmahnungen gegen betroffene Händler ausgesprochen. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass die Formulierungen durch Amazon geändert wurden und Händler teilweise selbst keinen Einfluss auf die Darstellung hatten. Der Händler macht sich diese Angaben im Ergebnis zu eigen, wenn er über Amazon Waren anbietet und muss wettbewerbsrechtlich für diese Angabe haften. Trotz großflächiger Nachbesserung durch Amazon sollten Händler ihre Angebote genauestens im Blick behalten, da im Einzelfall nicht auszuschließen ist, dass die abmahngefährdeten Formulierungen auch weiterhin eingestellt sind.

Vorsicht bei automatisierter Anpassung der Produktbeschreibung

Ein Händler, der auf einer Verkaufsplattform (hier: Amazon-Marketplace) Waren verkauft, hat seine Produktbeschreibung auf mögliche Veränderung durch andere Händler zu überwachen und zu überprüfen. Unterlässt er dies und kommt es in der Folge zu einer Markenverletzung im Rahmen einer solchen durch Dritte manipulierten Artikelbeschreibung, haftet der Händler, so der BGH (Urteil vom 3. März 2016, Az.: I ZR 140/14). Im Amazon-Marketplace gibt der erste Anbieter eines Produkts regelmäßig seine Produktinformationen in eine von Amazon bereitgestellte Maske ein (ASIN). Stellen später andere Händler das gleiche Produkt zum Verkauf ein, werden sie regelmäßig auf der bereits erstellten Katalogseite des ersten Anbieters gelistet. Problematisch für den Ersteinsteller ist, dass die bei einem Angebot angehangenen Verkäufer die bestehende Produktbeschreibung ohne Zustimmung oder Einflussmöglichkeit des ursprünglichen Erstellers nachträglich ändern können.

Vorsicht bei automatisierter Anpassung der UVP

Mit Urteil vom gleichen Tage entschied der BGH (Urteil vom 03.03.2016, Az.: I ZR 110/15), dass ein Händler, der auf einer Internet-Handelsplattform in seinem Namen ein Verkaufsangebot veröffentlicht, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen Preisempfehlung vorbehalten ist, als Täter für den in Folge unzutreffender Angabe der Preisempfehlung irreführenden Inhalt seines Angebotes haftet. Im konkreten Fall ging um es um eine falsche unverbindliche Preisangabe einer Uhr.

Zusammenfassung:

Ein Händler, der eine ASIN nutzt, haftet für alles, was unter dieser ASIN steht. Die stetige manuelle Überprüfung aller Angebote ist in der Praxis kaum möglich. Ein Verkauf über Amazon bleibt für Händler ein Risikospiel.

2. „Schriftformklausel“ in AGB bei Online-Geschäften unzulässig

Allgemeine Geschäftsbedingungen, die eine Schriftformklausel enthalten, sollten aufgrund einer Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB durch das „Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts“ angepasst werden. Ab dem 1. Oktober lautet der neue § 309 Nr. 13 BGB wie folgt:

„Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden

  • an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
  • an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
  • an besondere Zugangserfordernisse.“

Verbraucher können somit bei Internetgeschäften Erklärungen aller Art auch per Email übersenden. Eine AGB-Klausel, welche die Schriftform fordert, ist unwirksam und kann darüber hinaus abgemahnt werden. Bereits mit Urteil vom 14.07.2016 hatte sich der BGH zu dieser Thematik geäußert (Az.: III ZR 387/15). Danach sei das Schriftformerfordernis bei Leistungen, die ausschließlich über das Internet erbracht werden, eine Benachteiligung des Verbrauchers und somit unwirksam (Anknüpfungspunkt: § 307 Abs. 1 S. 1 BGB).

3. OLG Düsseldorf: Mail im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens zulässig

Entgegen der Rechtsprechung des OLG München (Urteil vom 27.09.2012, Az. 29 U 1682/12) hat das OLG Düsseldorf mit Urteil vom 17. März 2016 (Az.: I - 15 U 64/15) entschieden, dass die Übersendung einer E-Mail mit der Aufforderung zur Bestätigung der Einwilligung in die Übersendung von Werbung per Email im Rahmen des sog. Double-Opt-In-Verfahrens zulässig ist.

Die Gerichte sind sich einig, dass Werbung per E-Mail eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten voraussetzt. Ohne Einwilligung stellt Werbung per E-Mail nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG eine unzumutbare Belästigung dar und kann wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrechts abgemahnt werden.

Das Urteil des OLG München kam zum damaligen Zeitpunkt überraschend, da das Double-Opt-In-Verfahren vorher als rechtssicher und Standard für Newsletter galt. Danach erhielt der Verbraucher eine Email, in der er darauf hingewiesen wurde, dass unter seiner Email-Adresse ein Newsletter bestellt worden ist. Durch die Bestätigung dieser Mail in einem zweiten Schritt (daher Double-Opt-In) wurde er tatsächlich in den Newsletter-Verteiler eingetragen. Das OLG München sah die erste Email, in der der Newsletter-Empfänger zur Bestätigung seiner Bestellung aufgefordert wurde, als unzulässige Werbung an.

Die aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf bringt die Hoffnung, dass das überzeugende Double-Opt-In-Verfahren wieder zum Standard wird. Bis zu einer höchstrichterlichen Klärung dieser Frage, ist eine Abmahngefahr nicht auszuschließen.

4. Amazon Dash Button - Geniale Idee aktuell nicht rechtskonform ausgestaltet

Der Amazon Dash Button ist ein mit WLAN verbundenes Gerät, mit dem Amazon-Prime-Kunden Produkte per Knopfdruck nachbestellen können. Jeder Dash Button ist an ein Produkt gekoppelt, das während des Einrichtens ausgewählt wird. Die Einrichtung und Verwaltung des Dash Buttons erfolgt über die Amazon App. Ein „Bestellschutz“ verhindert Doppelbestellungen (siehe: https://www.amazon.de/b?ie=UTF8&node=10852572031).

So einfach und genial diese Idee auch sein mag, bestehen doch erhebliche Zweifel an der Rechtskonformität des Dash Buttons. Was auf den ersten Blick nach einer Vereinfachung für den Kunden aussieht, stellt sich auf dem zweiten Blick als verbraucherschutzrechtlicher Alptraum dar. Folgend eine kleine Auswahl an Problempunkten:

  • Fehlende Kennzeichnung der „Schaltfläche“ nach der Button-Lösung (§ 312 j BGB) verhindert wirksamen Vertragsschluss durch Betätigung des Dash Buttons
  • Keine Angaben zu den wesentlichen Vertragsinhalten (Preis der Ware, ggf. Grundpreis, Versandkosten, wesentliche Merkmale der Ware, Liefertermin, ggf. produktspezifische Pflichtinformationen)
  • Keine Information über das Widerrufsrecht vor Abgabe der Bestellung
  • Nichteinhaltung der Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr.

5. Vorsicht bei der Werbung mit Prüfzeichen - BGH konkretisiert Anforderungen

Mir Urteil vom 21. Juli 2016 (Az.: I ZR 26/15) hat der BGH entschieden, dass Verbraucher bei der Werbung mit einem Prüfzeichen erwarten, dass das Produkt von einer neutralen fachkundigen Stelle anhand objektiver Kriterien überprüft wurde. Es gelten dementsprechend im Wesentlichen die Anforderungen wie im Falle der Werbung mit Testergebnissen (dazu auch OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 31.03.2016, Az.: 6 U 51/15)

Es sei erforderlich, bei der Bewerbung einer Ware mit Prüfzeichen anzugeben, wo der Verbraucher Informationen zu den der Vergabe dieser Zeichen zugrundeliegenden Prüfverfahren finden kann. Im zugrundeliegenden Fall (Zeichen: "LGA tested Quality") fehlte ein solcher Hinweis. Es gehöre zum Geschäfts- und Verantwortungsbereich eines Unternehmers, sich die Hintergrundinformationen zum Prüfsiegel mit zumutbarem Aufwand zu beschaffen. Die Information zum Prüfzeichen müsse allerdings nicht in der Werbung selbst erfolgen, solange diese einen Verweis zu einer Fundstelle enthält.

6. Widerrufsrecht auch für gewerbliche Käufer im eBay Plus Programm

Ebay hat seine Voraussetzungen zur Teilnahme am Treueprogramm eBay Plus für Verkäufer geändert. Händler sind nun verpflichtet auch gewerblichen Käufern ein freiwilliges einmonatiges Rückgaberecht einzuräumen. Gewerbliche Käufer, die eBay Plus-Mitglied sind, können somit den Kauf eines eBay Plus-Artikels genau wie ein Verbraucher innerhalb eines Monats nach Erhalt der Ware widerrufen und kostenlos zurücksenden. Die Erweiterung des Treueprogramms ist seit dem 27. Juni 2016 wirksam. Händler, die am eBay Plus Programm teilnehmen, sollten dementsprechend ihre Rechtstexte anpassen.

7. Abbruchjäger bei eBay handeln rechtsmissbräuchlich

Der BGH bezieht in seinem Urteil vom 24.08.2016 (Az.: VIII ZR 182/15) Stellung zum Problem der sogenannten „Abbruchjäger“ auf der Handelsplattform eBay. "Abbruchjäger" spekulieren gezielt darauf, dass erfolglose oder fehlerhafte Online-Auktionen vorzeitig abgebrochen werden und verlangen in der Folge Schadenersatz,weil sie den nicht mehr verfügbaren Artikel woanders teurer kaufen müssen. Nach Auffassung des BGH ist ein solches Schadensersatzverlangen rechtsmissbräuchlich.

Allerdings bietet dieses Urteil in keinem Falle einen Freifahrtschein zum Abbruch von eBay-Auktionen. Um Schadenersatzansprüche rund um eine eBay-Auktion - insbesondere bei Fehlern in Angebotsbeschreibungen zu vermeiden - sollte eine Auktion nicht vorschnell abgebrochen werden, vielmehr sollte das weitere Vorgehen (z.B. Anfechtung) im Einzelfall geprüft werden.

8. Aktualisierung der PayPal-Richtlinien zum 19. November

Zum 19. November 2016 nimmt PayPal Änderungen an den PayPal-Nutzungsbedingungen, der PayPal-Käuferschutzrichtlinie und der PayPal-Verkäuferschutzrichtlinie vor. Eine Zusammenfassung der einzelnen Anpassungen ist unter folgendem Link abrufbar: https://www.paypal.com/de/webapps/mpp/ua/upcoming-policies-full.

Händler verpflichten sich Bei der Darstellung der PayPal-Services in Ihrem Online-Shop, den Kunden nicht von der Verwendung der PayPal-Services als Zahlungsmethode abzuraten oder eine solche Verwendung zu verhindern und die Marken- und Warenzeichen von PayPal mindestens gleichwertig zu anderen im Online-Shop angebotenen Zahlungsmethoden zu präsentieren. Inwieweit PayPal die Einhaltung dieser Klausel (4.4) überprüft, ist fraglich.

Die wohl umfassendsten Änderungen betreffen den Kauf auf Rechnung über PayPal. Im Rahmen von Kauf auf Rechnung kauft PayPal dem Händler sämtliche Forderungen gegenüber dessen Kunden aus den Verträgen ab, die unter Nutzung des Produkts Kauf auf Rechnung zustande gekommen sind. PayPal schreibt dem Händler den Forderungskaufpreis auf dem PayPal-Konto des Händlers nach Bestellung des Kunden gut, noch bevor der Kunde die Rechnung an PayPal bezahlt.

9. Elektrogesetz – Umsetzungsfrist zur Einrichtung der Rücknahmestellen

Vertreiber, die nach dem Elektrogesetz zur Rücknahme von Altgeräten verpflichtet sind, mussten ihre Rücknahmestellen spätestens bis zum 24.07.2016 einrichten und dem Umweltbundesamt anzeigen. Rücknahmepflichtig sind nach dem Elektrogesetz Hersteller und rücknahmepflichtige Vertreiber (Verkaufsfläche für Elektro- und Elektronikgeräte von mindestens 400 Quadratmetern).

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