10 Tipps zur rechtssicheren Nutzung sozialer Medien durch Arbeitnehmer

Die Nutzung sozialer Medien hat längst auch Einzug in die Arbeitswelt gefunden. In bestimmten Bereichen sind Business-Plattformen wie Xing zu unverzichtbaren Kommunikationsmitteln geworden. Die soziale Vernetzung von Vertriebsmitarbeitern, die hierdurch Kundenkontakte schaffen und aufrechterhalten, stellt einen nicht zu unterschätzenden immateriellen Vermögenswert des Unternehmens dar. Die Web 2.0-Generation kommuniziert im Internet nicht nur als Privatperson, sondern wird direkt oder indirekt, bewusst oder unbewusst zum Repräsentanten des Arbeitgebers. Ihr Social-Media-Verhalten wirkt sich häufig auch auf das Bild des Unternehmens aus – positiv wie negativ. Zur Vermeidung von Nachteilen sind klare Regeln und eine Sensibilisierung von Mitarbeitern empfehlenswert.

Tipp 1: Vorsicht bei Berichten über Projekte für namentlich genannte Kunden

Für den Mitarbeiter kann es eine wertvolle Referenz darstellen, wenn im XING-Profil besondere Projekttätigkeiten unter namentlicher Nennung des Kunden des Arbeitgebers erwähnt werden (z.B. „Feb. 2013 bis heute: Strategieberatung Firma X, IT-Outsourcing“). Häufig wird es sich schon bei dieser Information um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis sowohl des Arbeitgebers als auch des Kunden handeln. Denn zumeist haben Arbeitgeber und Kunde die Geheimhaltung vertraglich vereinbart. Der Verrat von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen ist unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 UWG strafbar. Er kann den Arbeitgeber zudem zur fristlosen Kündigung berechtigen (LAG Berlin, Urt. v. 10.07.2013 - 16 Sa 545/03).

Tipp 2: Keine Verwendung von Kundenlisten zur Generierung von Kontakten im Businessprofil

Kundenlisten sind für viele Unternehmen ein zu Recht streng gehütetes Geheimnis. Für Mitbewerber sind sie eine dankbare Quelle zur Evaluierung des potentiellen Marktes. Sie können daher als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zu qualifizieren sein. Anders kann die Lage zu beurteilen sein, wenn der Vertriebsmitarbeiter seine Kontakte nicht im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit, sondern eher privat generiert und speichert (ArbG Hamburg, Urt. v. 24.01.2013 – 29 GA 2/13).

Tipp 3: Keine Beleidigung des Arbeitgebers/Unternehmens auf facebook, Twitter & Co

Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Auch Unternehmen können beleidigt werden, da sie in der Regel eine rechtlich anerkannte wirtschaftliche Funktion erfüllen und einen einheitlichen Willen bilden können. Zugunsten des Arbeitnehmers ist nach der Rechtsprechung zwar häufig die Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers aus Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Auf diese kann sich der Mitarbeiter jedoch nicht berufen, wenn sogenannte Schmähkritik, Formalbeleidigungen oder verleumderische Aussagen über Social Media verbreitet werden. Dazu dürfte die Bezeichnung des Arbeitgebers als „Drecksladen“ (ArbG Bochum, Bochum, Urt. v. 09.02.2012 – 3 CA 1203/11) und „Scheißhaufen“ (ArbG Hagen, Urt. v. 16.05.2012 – 2 Ca 2597/11) wohl gehören.

Tipp 4: Keine beleidigenden Äußerungen über Arbeitskollegen

Auch beleidigende Äußerungen über Arbeitskollegen auf der facebook-Seite eines Mitarbeiters können eine fristlose Kündigung unter dem Gesichtspunkt der Störung des Betriebsfriedens rechtfertigen. Die Bezeichnung der Kollegen als „Speckrollen“, die Äußerung „Hattet ihr schlechten Sex“ und „Hat jemand euch ins Gehirn geschissen“ ist ehrverletzend (ArbG Duisburg, Urt. v. 26.09.2012 – 5 Sa 949/12).

Tipp 5: Vorsicht auch bei Äußerungen im „Freundeskreis“ auf Social-Media-Plattformen

Grundsätzlich sind beleidigende Äußerungen im sogenannten „vertraulichen Gespräch“ nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu ahnden. Das gilt z.B. für Äußerungen im engsten Familien- oder Freundeskreis. Ob dieses auch für nicht öffentliche Postings auf facebook gilt, welche nur von den „Freunden“ verfolgt werden können, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt (bejahend: ArbG Bochum, Bochum, Urt. v. 09.02.2012 – 3 CA 1203/11). Jedenfalls dann, wenn unter den Freunden auch Mitarbeiter sind, ist bei facebook-Beleidigungen auch eine „Betriebsöffentlichkeit“ anzunehmen (ArbG Hagen, Urt. v. 16.05.2012 – 2 Ca 2597/11).

Tipp 6: Vorsicht beim „Liken“ herabsetzender Äußerungen Dritter über den Arbeitgeber

Nach Auffassung des ArbG Dessau rechtfertigt die Betätigung des „Gefällt mir“-Buttons durch eine Mitarbeiterin auf ein Fischpiktogramm mit dem Logo des Arbeitgebers und dem Kommentar „Unser Fisch stinkt vom Kopf“ (auf Facebook-Seite des Ehemanns) keine fristlose Kündigung, sondern allenfalls eine Abmahnung. Begründet wurde dieses damit, dass der „Gefällt mir“-Button keine andere Funktion habe, als zu dokumentieren, dass jemand den Beitrag gesehen habe. Denn es gäbe keinen „Gefällt mir nicht“-Button. Andere Gerichte könnten dies jedoch anders beurteilen.

Tipp 7: Zugriffe von Apps (z.B. Whatsapp) auf Adressbuch des dienstlichen Smartphones vermeiden

Viele Social-Media-Anwendungen ermöglichen einen komfortablen Umgang, indem sie die bereits vorhandenen Kontaktdaten aus dem Adressbuch des Handys nutzen. In der Regel geschieht dies durch eine Abfrage, z.B. “Whatsapp möchte auf ihr Adressbuch zugreifen – Verbieten / OK“. Durch Betätigung des OK-Buttons werden Kontaktdaten (zumindest sämtliche Telefonnummern) auf amerikanische Server übertragen. Das dürfte unter Datenschutzgesichtspunkten sehr kritisch sein (siehe hierzu den Prüfbericht Stiftung Warentestwww.test.de/WhatsApp-und-Alternativen-Datenschutz-im-Test-4675013-0/).

Tipp 8: Vermeidung einer Haftung des Arbeitgebers für Social-Media–Nutzung der Mitarbeiter

Arbeitgeber haften für die durch die Nutzung sozialer Medien verursachten Rechtsverstöße der Mitarbeiter. Dieses gilt in vollem Umfang – verschuldensunabhängig - dann, wenn der Rechtsverstoß innerhalb eines Arbeitsauftrags erfolgt ist. Aber auch außerhalb des Arbeitsauftrags zugunsten des Unternehmens begangene Verstöße können – wenn auch eingeschränkt - zu einer Haftung des Unternehmens führen, wenn der rein private Charakter der Nutzung nicht klar und deutlich herausgestellt wird (z.B. bei einem Werbe-Posting für das Unternehmen durch einen Mitarbeiter auf dessen privater facebook-Seite). Mindestens sollten die Mitarbeiter daher angehalten werden, nicht abgestimmte Postings außerhalb des Arbeitsauftrags deutlich als rein private Äußerung zu kennzeichnen.

Tipp 9: Erstellung schriftlicher Social-Media-Guidelines und Verhaltenskodizes

Um auf die unbestrittenen Vorteile sozialer Mediennutzung durch Mitarbeiter nicht verzichten zu müssen, sollten Unternehmen unmissverständliche schriftliche Social-Media-Guidelines und Verhaltenskodizes für ihre Mitarbeiter erstellen und möglichst durch arbeitsvertragliche Einbeziehung verbindlich machen. In arbeitsvertraglich zulässigem Umfang kann dies auch durch arbeitgeberrechtliche Weisung (sog. Direktionsrecht) geschehen. Inhaltlich sollten Fragen zur Art und Weise der Nutzung sozialer Medien (z.B. wann und wie oft während der Arbeitszeit) ebenso geregelt werden wie Fragen zum zulässigen Inhalt (z.B. kritische Inhalte, rechtliche Grenzen). Denkbar ist auch die Aufnahme von verbindlichen Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Richtlinien. Letztlich sind immer individuell auf die Strategie und Unternehmensphilosophie ausgerichtete Richtlinien zu empfehlen, die im Idealfall gemeinsam mit den Mitarbeitern entworfen werden.

Tipp 10: Schulung der Mitarbeiter

Social-Media-Richtlinien und Verhaltenskodizes ergeben nur dann einen Sinn, wenn die Mitarbeiter entsprechende Medienkompetenz aufweisen, die Auswirkungen ihres Nutzerverhaltens auf das Unternehmen einschätzen können und ein reelles, jedoch kritisches Gefühl für Nutzen und Risiken entwickeln . Daher empfehlen sich einführende Schulungen sowie regelmäßige Fortbildungen der Mitarbeiter, „inhouse“ oder auch bei externen Dienstleistern. (Jörn Tröber, Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht)